Dietrich Wagner ist zu einer Symbolfigur für den bürgerlichen Protest gegen das umstrittene Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 geworden. Ursprünglich war der 1945 in Stuttgart geborene Ingenieur gar nicht gegen das Projekt, auch hatte er sich seit seinem Studium nicht mehr politisch engagiert. Dann aber ließ er sich in Gesprächen mit Protestgegnerinnen und -gegnern vom Gegenteil überzeugen und nahm an den Kundgebungen teil. Bei einer Demonstration am 30. September 2010 erlitt er schwere Augenverletzungen, als er bei der gewaltsamen Räumung des Stuttgarter Schlossplatzes vom Strahl eines Wasserwerfers im Gesicht getroffen wurde. Das linke Auge wurde dabei vollkommen zerstört und nimmt am linken Rand nur noch einen Lichtschein wahr. Das rechte Auge verfügt nur noch über eine Sehkraft von 8 Prozent, was zum Lesen und Autofahren nicht ausreicht. Wagner wurde von der Protestgemeinschaft und der Presse zum Symbol für den zivilen Wiederstand gegen Stuttgart 21 und polizeiliche Gewalt erklärt.

Seither stritt Wagner um eine Aufklärung des Sachverhalts und ließ über Klagen vor Gericht die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes prüfen. Außerdem macht er sich gegen den Einsatz von Wasserwerfen auf Demonstrationen stark. Für den Widerstand gegen Stuttgart 21 engagiert sich Wagner nach wie vor. Hannes Jung hat diesen Mann, dessen Kampf den Bau des neuen Großbahnhofs nicht verhindern konnte, fotografisch begleitet und ein Porträt seines Alltags gezeichnet.